Unsere 4-Tages-Alpentour 2006
Bergwandern und Klettern im Alpsteinmassiv /Ostschweiz vom 3.9. – 6.9.2006
1. Tag
Grüezi midenand – diese Tour war ein unglaubliches Erlebnis, denn es hat alles gepasst; die Bergfexen (also die Bergwanderer), das Wetter (fast nur strahlender Sonnenschein), die Hütten (gute Unterkünfte mit netten Wirtsleuten) und die Schweizer Berge rund um das Alpsteinmassiv.
Die Wetteraussichten waren nicht wirklich schlecht, doch am Tag vor der Abreise war der gesamte Nordalpenraum mit Regen überzogen und oberhalb 2.000 m in Schnee gehüllt. Deshalb starteten wir am Sonntag früh (3.9.) mit etwas gemischten Gefühlen.
Die Anreise nach Schwende (840 m) in das Appenzeller Land war mit dem TSV-Bus in knapp 5 Stunden geschafft. Der PKW war voll und 9 Bergsportler vom TSV Gronau, machten sich gegen Mittag bei bedecktem Himmel an die ersten Aufstiege. Zur ersten Unterkunft in knapp 2.000 m sollten netto rund 1.100 Höhenmeter genommen werden. Tatsächlich sind es aber immer mehr, da die Alpenwege nicht nur einer geraden Linie folgen, sondern Berge und Täler mitnehmen. An das 4-Tages-Gepäck auf dem Buckel musste man sich erst mal gewöhnen. Aber schon nach den ersten steilen Anstiegen zum Seealpsee (1.141 m) war klar, dass die Kondition bei allen stimmte. Dort am klaren Bergsee kam dann wie bestellt pünktlich die Sonne heraus.
Zum Berggasthof Mesmer (1.613 m) führte ein steiler Alpenpfad unweit der Agathaplatte, immer wieder rauschende Bergwässer querend. Oben frischte der Wind bei 3-4 Beaufort heftig auf und fetzte die Wolken über die steilen Berggipfel. Nach dem Weg über einige Bergsättel war dann am Berggasthaus am Schäfler (1.924 m) unser erstes Quartier erreicht. Wir hatten noch das Glück, unterwegs einen Alphornbläser zu begleiten, der uns an einem ausgewählten Standort sein Können recht eindrucksvoll bewies. Wir lauschten schon fast andächtig den ungewohnten Klängen, die sich an den Wänden des Alpsteins immer wieder im Echo begegneten.
Die Unterkunft am Schäfler in Zimmern war gut und man fühlte sich mit den Waschschüsseln in eine andere Zeit versetzt. Fließendes Wasser gab es nicht. Die Hütte versorgte sich seit der Erbauung ausschließlich mit Regenwasser. Statt der erwarteten Dusche war Waschen angesagt. Schon bei der ersten Übernachtung und nach dem Essen war klar, dass die Fränkli nur so aus dem Geldbeutel „herausstürzten“. Die Nacht war stürmisch und unser hölzernes Berghaus – ganz am Gipfel oben – wackelte spürbar im Gebälk.
2. Tag
Am nächsten Morgen drückte der Nebel aus den Tälern nach oben, aber schon nach wenigen Augenblicken, musste er der Sonne weichen, die kraftvoll am Morgenhimmel stand.
Unser heutiges Ziel war der Rotsteinpass (2.120 m); auf diesem Wege mussten aber noch einige andere Höhen genommen werden. Der Wirt vom Schäfler riet uns von diesem Weg ab, da dort oben am Säntis (2.504 m) und am Lisengrat (2.386 m) viel Schnee und Eis zu erwarten sei. Diese Passagen und auch der dort immer vorhandenen Blaue Schnee, mussten aber gequert werden, wollten wir an unserer Rundwanderung festhalten. Gesagt, getan und vorbei am Öhrli (2.193 m) und dem Höch-Niederisattel gelang der steile Aufstieg zum Säntisgipfel kurz nach der Mittagszeit. Die Schnee- und Eisflächen nahmen wir mit der gebotenen Vorsicht und Sorgfalt und oben, unterhalb der über 100 m hohen Säntis-Antenne, zeigte sich der Alpstein von seiner unglaublichen Schönheit mit dem Panorama-Rundblick vom Bodensee zu den österreichischen Tiroler- und den Zentralschweizer Alpengipfeln. Bergsteiger, was willst du mehr! Der Trubel auf dem weitgehend überbauten Gipfel ist allerdings nicht jedermanns Sache. Mit der Luftseilbahn ist der Gipfel für jeden Touristen bequem bequem ohne Mühe erreichbar. Da kommt man sich nach Stunden des mühsamen Aufstiegs mit viel Gepäck irgendwie deplaziert vor.
Vor uns lag noch die Besteigung des bekannten Lisengrat, zu dem wir uns nach einer Stärkung im alten Säntis-Lokal dann über den Chalberen-Säntis auf den Weg machten. Zum Glück war der steile Steig nur teilweise vereist und wir fanden mit den überall mit Stahlseilen gesicherten Wegen guten Halt.
Am Spätnachmittag bezogen wir im Rotsteinpass-Gasthaus unsere Zimmer. Die Hütte machte den besten Eindruck. Alle Räumlichkeiten – sogar das Lager – waren war mit hellem Holz sehr schön eingerichtet. Nach diesem kräfteraubenden Tag musste eine riesige Portion Spaghetti zur Stärkung herhalten. Den Mineralienhaushalt füllten wir mit einigen Bierchen auf. Das Fränkli-Portfolio nahm erneut rapide ab.
3. Tag
Für den nächsten Tag sollte nach dem steilen Anstieg zum Altmann-Sattel (2.334 m) noch der Altmanngipfel folgen. Hinauf führt kein Weg; er ist nur mit freier Kletterei zu erreichen. Einige Wagemutige von uns wollten es wissen und da der Gipfel rufte, wollte er auch bezwungen werden. Der Fels war schön griffig, aber ungewohnt steil. Der böige Wind machte doch etwas zu schaffen. Einen Weg gab es nicht, aber eine Markierung im Fels. So war der Gipfel (2.436 m) nach einer Viertelstunde freier Kletterei erreicht. Das war einen Gipfelschnaps wert. Und oben wieder diese herrlichen Ausblicke weit ins Land, die wir eine Weile genossen. Alles wurde im Bild festgehalten; denn nur der Fotobeweis zählt. Der Abstieg war ungleich schwerer, aber für uns 4 Kletterer auf allen Vieren kein Problem. Unsere Bergwanderkollegen waren inzwischen über den Zwinglipass (2.011 m) abgestiegen und folgten dem Weg auf den Mutschensattel (2.069 m). Dort fand die Gruppe wieder zusammen und wir wanderten nun bergauf und bergab über den Chraialpfürst und die Roslenalp (1.767 m) entlang der bekannten Kreuzberge (steile Kletterfelsen bis Schwierigkeitsgrad 10) hinab zur Saxerlücke (1.649 m). Hier genossen wir den Blick ins Rheintal, das über 1.200 m weit unter uns lag. Dann noch der steile Abstieg zum Fählensee an der Bollenwies, wo wir unweit die SAC Hundsteinhütte erreichten. Hier im geräumigen Lager der Hütte, auf 1.554 m verbrachten wir die 3. Nacht. Die Wirtin Ruth hat extra für uns gekocht.
4. Tag
Der letzte Wandertag sollte uns noch mal hinauf auf die Höhen bringen (Hochhussattel 1.815 m). Von dort aus führte uns ein Panorama-Gipfelweg entlang der südlichen Kante des bekannten Faltengebirges in der Ostschweiz. Ziel war der Hohe Kasten (1.795 m) und dann der Abstieg nach Brülisau und zurück zu unserem Bus, der in Schwende stand. Doch so schnell ging es nicht, denn der Weg zog sich elendig lang hin und immer wieder auf und ab. Am Stauberenchanzeln (1.800 m) machten wir Rast, was die Gelegenheit für 2 Klettermaxe von uns war, noch einmal einen Klettergipfel zu erklimmen, der rund 70 m hoch wie der Zuckerhut in Rio an der Copa Cabana hinausragt. Der Auf- und Abstieg wurde in einer Stunde bewältigt.
Die 4 Hochgebirgstage zollten jetzt doch Tribut und so beschlossen wir, den Hohen Kasten rechts liegen zu lassen, denn wir mussten noch ins Tal zurück, den steilen Abstieg nach Brülisau (922 m) zu. Diese 800 Höhenmeter durch eine wildromantische Schlucht, entlang eines rauschenden Bergbaches waren noch mal eine kleine Herausforderung für die Knie. Dann noch der Bus-Transfer von Schwende und eine müde Wandergruppe gönnte sich einen schönen Abschluss bei Kaffee und Kuchen in Appenzell. Unglaublich, dass mitten in der Woche so viele Touristen unterwegs sein konnten. Die Fahrt in die Heimat, genauer ins Bottwartal, bei schöner Abendsonne wurde teils schlafend genossen.
Rückblickend war es eine für die Sinne und den Körper erlebnisreiche Tour, mit vielen Auf- und Abstiegen, mit herrlichen Ausblicken bei bestem Wetter. Die Geldbörsen waren am Schluss leer. Die kleine, saubere Schweiz hat den Bogen raus, die Fränklis aus den Taschen zu ziehen. Dennoch meinten einige von uns, dass dies die bisher schönste und anspruchsvollste Alpentour war, die Abteilung Bergsport in den Jahren durchgeführt hatte. Viele Fotos zeugen noch heute vom Erlebten.